Wenn man selbst nicht so sporteln kann, wie man es sich vorstellt, heißts sich nicht unterkriegen lassen. Wie kann man sich da besser ablenken als mit dem eigenen Groupiedasein?

Für Carsten stand Mitte September der Berlinman an. Dies sollte das absolute Highlight seiner Saison sein. Und da ist der Groupie natürlich dreifach nervös.

Groupieregel Nummer 1: Zeige dem Athleten niemals Deine Nervosität.

Dies ist das Privileg des Athleten!

Wir freuten uns aber auch auf Patrick, der sich kurzfristig überlegt hatte auch zu starten und uns einen Besuch abzustatten. So läuteten wir das Mitteldistanzwochenende entspannt mit einem Besuch beim Vietnamesen ein. Am Samstag hieß es dann ganz piano in den Tag starten, später die Startunterlagen abholen und auf der Wettkampfbesprechung die letzten wichtigen Infos für das Rennen mitnehmen. Da das Wetter herrlich war entschieden wir uns bereits gegen Mittag zum Wannsee aufzubrechen. Während Patrick noch ein Ründchen (bei heißen Temperaturen im Neo!!) im Wannsee schwamm, „entspannten“ Carsten und ich am Strand des Wannseebads.

Am Samstag klingelte der Wecker bereits um 5 Uhr.

Groupieregel Nummer 2: Jammere niemals über das frühe Aufstehen am Wettkampfmorgen!

Dies ist das Privileg des Athleten!

Da ich gleich zwei Triathleten bei mir Zuhause rumlümmeln hatte, durfte ich ganz große Groupiequalitäten beweisen. Zwei missmutige Wettkämpfer ertragen ist nicht leicht. Vorsichtig ein bisschen die Stimmung ankurbeln, dabei aber nicht zu viel gute Laune versprühen. Darauf achten, dass die Jungs trotz der Nervosität etwas essen – check. Der Groupie muss auch an die eigene Versorgung denken, damit sie fit für den langen Supportertag ist – check. Dem Sportler nicht auf den Sack gehen – check (eigene subjektive Wahrnehmung). Ich denke, das habe ich ganz gut gemeistert.

Dieses Triathlondings ist eine komplizierte Sache. Einchecken kennt der Normalo ja nur vom Flughafen. Wenn der Triathlet vom Einchecken spricht, meint er etwas ganz anderes!

Groupieregel Nummer 3: Sorge unauffällig dafür, dass der Triathlet nichts von seinem vielseitigen Equipment vergisst.

Tue dies aber bloß nicht, indem Du ihm ständig aufzählst, was er alles mitnehmen muss. Dies ist das Privileg des Athleten!

6:45 Uhr: Ankunft beim Rad Check-in. Erfreulicherweise war die Schlange am Check-in überschaubar und so konnten Carsten und Patrick in Ruhe ihren Platz in der Wechselzone präparieren.

Groupieregel Nummer 4: Ein guter Groupie ist gleichzeitig Paparazzi.

Der Held des Tages will ja schließlich seine Heldenleistung fotodokumentiert wissen. Aber Vorsicht: Bloß nicht dem Athleten mit der Fotographiererei vor dem Wettkampf zu sehr auf den Sack gehen. Letzteres ist das Privileg des Athleten!

vorbereitung-wz

7:30 Uhr: Langsam Richtung Schwimmstart aufbrechen. Dem Athleten Schwimmbrille, Badekappe und den letzten Energysnack abnehmen, damit der Toilettengang vorm Start vom Athleten in Ruhe erledigt werden kann.

7:50 Uhr: Das obligatorische Vorher-Foto kurz vorm Schwimmstart darf nicht fehlen. Der Athlet hat aber überhaupt keinen Kopf mehr für sowas. Also ganz nett zum Foto zwingen. In Wirklichkeit will der Athlet dieses Vorher-Foto für die spätere Nachbetrachtung unbedingt!

pre-swim

Kurz vor 8 Uhr: Der Athlet verabschiedet sich und begibt sich ins Wasser.

Groupieregel Nummer 5: Positioniere Dich so, dass Du den Athleten sowohl supporten, als auch das erste Actionfoto schießen kannst, wenn der Athlet aus dem Wasser kommt.

Aber Vorsicht: Mache dem Athleten bloß keine Ansage, wie und wo er sich genau aus dem Wasser zu bewegen hat. Dies ist das Privileg des Athleten!

Den Athleten beim Erklimmen der 98 (!!) Stufen auf dem Weg aus dem Wasser in Richtung Wechselzone erfolgreich angefeuert und fotographiert – check! Yes, die Schwimmzeit war definitiv schneller als angekündigt und der Athlet strahlte Freude und Zuversicht aus. Da schlägt das Groupieherz höher.

Groupieregel Nummer 6: Nach der Aufregung rund um die Pre-Start Groupiearbeit und das ungeduldige Warten auf den Athleten aus dem Wasser, sollte sich der Groupie kurz erholen.

Der Arbeitstag ist noch lang, und nur nach dem Schwimmen hat der Groupie kurz Zeit und auch die Muße, ein Päuschen einzulegen. Kaffee, zweites Frühstück, was auch immer dem Groupie hilft, ein wenig runterzukommen. Aber Vorsicht: Kohlehydrate benötigt der Groupie jetzt nicht. Dies ist das Privileg des Athleten!*

Auf den Weg zur Radstrecke machen. Idealerweise hat der Groupie sich vorbereitet und weiß, wo sie sich positionieren kann, um den Athleten möglichst oft zu sehen.

Groupieregel Nummer 7: Der Groupie muss sich so positionieren, dass sie einerseits den Athleten möglichst oft sieht und andererseits in der Position ist, den Athleten gut zu photografieren.

An solchen Standpunkten stehen in der Regel Helfer*innen, Kampfrichter*innen. Manche von ihnen haben Ahnung von diesem Sport. Andere weniger. Bei letzteren heißts, deren Ansagen galant zu ignorieren, wenn es darum geht möglichst kilometerweit weg von der Strecke zu stehen. Die gute Supporter- und Photografierposition muss unbedingt gesichert werden! Vorsicht: Das Ignorieren von den Ansagen nichtwissender Helfer*innen/Kampfer*innen ist ausnahmslos das Privileg des Groupies!! Der Athlet läuft Gefahr disqualifiziert zu werden, wenn er sich nicht an die Ansagen der Helfer*innen/Kampfrichter*innen hält!

Und da kommt der Athlet auch schon vorbeigerauscht. Ein lauter Supporterschrei, gleichzeitig irgendwie diesen kurzen Moment des Vorbeiradelns mit der Kamera festhalten. Die viermal zu bewältigende Runde ist ca. 22km lang. D.h. der Groupie muss die Zeit bis zur nächsten Begegnung irgendwie überbrücken. Also ein paar Photos von den ihr bekannten anderen Athlet(en)*innen schiessen und natürlich den entsprechenden Support leisten.

Groupieregel Nummer 8: Der Fokus des Groupies liegt immer auf dem begroupieten Athleten!

Support für andere Athlet(en)*innen ist durchaus erwünscht, aber Fangirl ist der Groupie nur von einem Athleten! Den Fokus abschweifen lassen ist das Privileg des Athleten!

Nach drei weiteren Begegnungen mit dem Athleten heißts kurz vor der Wechselzone auf den Athleten warten, um sicher zu gehen, dass dieser die Radstrecke ohne Defekt und ohne Sturz gut überstanden hat. Wenn dies der Fall ist, macht sich Erleichterung beim Groupie breit. Check!

Schnell ab zur Laufstrecke. Jetzt kann der Groupie dem Athleten so richtig zujubeln, denn die Fortbewegungsgeschwindigkeit des Athleten ist deutlich langsamer, als auf dem Rad.

Groupieregel Nummer 9: Sage dem Athleten NIEMALS die Wahrheit.

Wenn der Athlet müde aussieht, sag ihm, dass er noch wahnsinnig frisch aussieht. Wenn der Laufstil aussieht, als wenn der Athlet gleich über seine eigenen Bein stolpert, sage ihm, dass das noch richtig gut aussieht! Ehrlich mit sich selbst sein ist hier übrigens auch NICHT das Privileg des Athleten!

Groupieregel Nummer 9 muss zur großen Freude des Groupies beim Berlinman nicht befolgt werden – der Athlet sieht sogar fast von Runde zu Runde besser aus, der Laufstil flüssig und der Athlet lächelt wirklich auf jeder Runde! Da schlägt das Groupieherz vor Freude Purzelbäume!

Den Athleten noch mal auf seiner letzten Laufrunde supporten – Check! Nun aber schnell zum Ziel. Es könnte ja sein, dass der Athlet noch mal den absoluten Turbo startet, also mindestens 15 Minuten Puffer einberechnen. Denn:

Groupieregel Nummer 10: Verpasse niemals den Zieleinlauf des Athleten!

Dies ist erneut auch ABSOLUT NICHT das Privileg des Athleten.

Nervöses Warten, nicht, dass doch noch etwas schief gelaufen ist. 15 Minuten zu früh am Ziel, aber jetzt müsste der Athlet doch trotzdem mal kommen!? Die Groupienervosität begibt sich ein letztes Mal in unermessliche Sphären.

Und dann kommt er. Der Athlet. Er läuft jubelnd über die Ziellinie. Der Groupie verdrückt ein paar Tränchen, vergisst dabei aber nicht, das so wichtige Zielphoto zu schiessen. In diesem Moment werden Athlet und Groupie eins. Auf diesen Moment haben Beide 5:32 Stunden hingefiebert. Unendlicher Stolz macht sich breit, beim Athleten und beim Groupie. Alle Sorgen und Qualen sind vergessen.

zieleinlauf

Der Berlinman war ein Erfolg für Carsten. Ohne Probleme ist er durch alle vier Disziplinen (Schwimmen, Radfahren, Laufen, Wechseln) gekommen. Er war so fit, dass er den Wettkampf zu großen Teilen genießen konnte. Auch der Groupie kann resumieren, dass der Berlinman ein wunderbarer Wettkampf ist. Eigentlich schade, dass dieser nur alle zwei Jahre stattfindet. Eines ist so gut wie sicher: Der Groupie und ihr Athlet kommen wieder. Und wer weiß – dann vielleicht mit getauschten Rollen! :-)

*Der Milchreis im Wannseebad ist durchaus geniessbar. Das sind doch keine Kohlehydrate, oder??

2 Kommentare
  1. Patrick sagte:

    Ach herrlich. Die Sicht vom Groupie war sehr amüsant und brachte mir diesen tollen Tag noch mal in Erinnerung. Danke auch fürs supporten, auch wenn ich an diesem Tag nicht der Hauptathlet war ;-)

    Antworten

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