Hat Wissen ein Verfallsdatum?

In den letzten 15 Jahren habe ich mich intensiv mit verschiedensten Aspekten des Ausdauersports auseinandergesetzt und meine Expertise in diesem Bereich stetig ausgebaut. In einigen Gebieten würde ich mich selbst als Experte bezeichnen. Allerdings habe ich in den letzten drei Jahren weder aktiv Sport getrieben noch meine Kenntnisse auf dem neuesten Stand gehalten. Daher stellt sich mir die Frage: Bin ich überhaupt noch qualifiziert, Fragen zu diesem Thema zu beantworten?

Die einfache Antwort lautet: Solange mein Wissen das der fragenden Person übersteigt, bin ich qualifiziert. Doch was, wenn wichtige Entwicklungen in den letzten Jahren an mir vorbeigegangen sind?

Was macht eigentlich Expert*innen aus? Sicherlich nicht, dass sie alles wissen – das ist heutzutage in den meisten Bereichen schlichtweg unmöglich. Ist es die Erfahrung? Sie ist zweifellos hilfreich, aber kein zwingendes Kriterium.

Manche behaupten, es seien 10.000 Stunden nötig, um Expert*in in einem Thema zu werden. Das verdeutlicht, dass es Zeit, Energie, Fleiß und Beharrlichkeit erfordert. Aber kann man diesen Status auch wieder verlieren? Ich bin überzeugt, dass dies möglich ist. So wie man sich den Expertenstatus erarbeitet, kann er auch schwinden, wenn man sich nicht mehr aktiv mit dem Thema auseinandersetzt. Je länger die Pause, desto vorsichtiger sollte man mit seinen Antworten sein.

Allerdings glaube ich auch, dass es leichter ist, den Expertenstatus wiederzuerlangen, wenn man ihn einmal innehat. Das bedeutet, dass durch erneutes intensives Auseinandersetzen mit dem Thema das alte Wissen aufgefrischt und mit neuen Erkenntnissen verknüpft werden kann.

Expert*innen sollten gehört, aber nicht blind gefolgt werden. Gerade in der heutigen Zeit, mit ihren rasanten wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen, ist es unerlässlich, sich kontinuierlich weiterzubilden und auf dem Laufenden zu bleiben. Expertenwissen ist kein statischer Zustand, sondern ein Prozess ständiger Erneuerung und Anpassung.

Daher ist es auch für uns „Expert*innen“ wichtig, stets selbstkritisch zu sein und unsere eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu hinterfragen. Nur so können wir sicherstellen, dass wir auch in Zukunft wertvolle Beiträge leisten und unserem eigenen Anspruch gerecht werden. Es ist ein Balanceakt zwischen dem Vertrauen in das eigene Wissen und der Bereitschaft, dazuzulernen und sich neuen Erkenntnissen zu öffnen. Ein:e Expert:in ruht sich nicht auf dem Erreichten aus, sondern hinterfragt ständig, sucht nach neuen Informationen und ist bereit, die eigene Meinung zu ändern, wenn neue Erkenntnisse dies erfordern.

Letztlich ist es die Kombination aus Erfahrung, Wissen und der Fähigkeit zur Reflexion, die einen wahren Experten oder eine wahre Expertin ausmacht. Und das ist eine Verantwortung, die wir ernst nehmen sollten. Denn Expert*innen haben eine Vorbildfunktion und ihre Aussagen können weitreichende Folgen haben. Es ist unsere Pflicht, sicherzustellen, dass unser Wissen aktuell und fundiert ist, um anderen Menschen bestmöglich zu helfen und sie zu unterstützen.

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