Carbon Laufschuhe: Und täglich schmerzen die Knochen

Laufschuhe mit Zwischensohlen aus Carbon, umgangssprachlich häufig Carbon (Lauf-)schuhe genannt, haben sich in der Laufszene zum Allheilmittel für neue Bestzeiten aufgeschwungen. Wenn du dir die großen Läufe anschaust, kannst du folgendes Bild immer wieder erkennen: Vornweg eine Gruppe von Läufer*innen, die in Carbon Laufschuhen einen sauberen Laufstil, mit hoher Effizienz, haben. Dahinter eine große Gruppe an Carbon Schuh-Läufer*innen die auf dem Weg zur neuen Bestzeit keine Rücksicht auf ihre Knochen nehmen. Dahinter kommt wiederrum eine zum Glück immer noch riesige Gruppe von Laufenden, die in ganz normalen Laufschuhen unterwegs ist. 

Einige der Laufenden aus der zweiten Gruppe triffst du 4 Wochen vor dem großen Wettkampf im Laufschuhladen, auf der Jagd nach dem neusten Carbon Laufschuh, koste es, was es wolle. Im Allgemeinen gilt dabei: Ein Kilometer laufen = ein Euro Verkaufspreis. Heißt, wenn der neue Schuh 250 km hält, dann kostet er rund 250 €. Ein nicht gerade vorteilhaftes Preis-Leistungs-Verhältnis, aber das scheint die Wenigsten zu stören. 

Mehr stören sollte die Laufenden allerdings, dass es bisher keine belastbaren Studien gibt, die bei Hobbyläufer*innen einen Effekt nachweisen können. Während es wenigstens für unterschiedliche Geschwindigkeiten noch die ein oder andere Studie gibt, ist die Laufeffizienz bisher bei keiner Studie berücksichtigt worden. Von Studien, die die spezielle Anatomie von Frauen berücksichtigen, ganz zu schweigen. 

Alles, was bisher bekannt ist, deutet darauf hin, dass der Nutzen für Normalläufer*innen allenfalls gering ist, bei gleichzeitig erhöhter Belastung des Gelenkapparats. Die Carbon Schuhe zwingen die Laufenden in eine neue Bewegungsform, der Fußaufsatz, die Schrittfrequenz und die Schrittlänge ändern sich und so erhöht sich häufig auch die Belastung.

Bei meinen wöchentlichen Laufkursen höre ich immer wieder den Wunsch, dass die Teilnehmenden sich einen besseren Laufstil wünschen. Wenn ich dann allerdings sage, dass eine Laufstil-Veränderung Jahre dauert, sind die meisten zufrieden, wie sie laufen. Aber bei Carbon Schuhen verhält sich keiner rational. Da wird 4 Wochen vor dem Wettkampf der Schuh gekauft, dann läuft man ihn noch bei zwei schnellen Einheiten im Training und dann am Wettkampftag. Dabei wäre es auch hier sinnvoll mehrere Monate und damit vermutlich auch mehrere Paar der teuren Schuhe kaputt zu laufen, bevor damit ein Wettkampf gelaufen werden sollte. 

Ich lese schon die ersten Kommentare: „Aber die Profis!“

Die Profis haben hoffentlich einen besseren Laufstil und laufen in Geschwindigkeitsbereichen, in denen die Carbon Laufschuhe nachweislich einen Nutzen haben. Wenn nicht, haben sie zumindest einen guten Grund sich die Knochen kaputt zu machen. Sie wollen mit ihrem Sport Geld verdienen. Nicht wie du und ich, die nur für eine bessere Gesundheit, oder das persönliche Ego laufen. Ich kann und werde als Lauftrainer auch in Zukunft keine Empfehlung für Carbon Laufschuhe – auch nicht an ambitionierte Hobbyläufer*innen – rausgeben, da mir immer wichtiger ist, dass die Leute den Sport möglichst lange betreiben können und nicht nach einem Saison-Highlight lange Verletzungspausen hinnehmen müssen.

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