New York Marathon 2017 – Laufen in der Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten
In unserem letzten Blogbeitrag haben wir Dir von unseren zwei Tagen vor dem New York Marathon berichtet.
In diesem Blogpost berichten wir vom Raceday. Wir erzählen, wie wir Morgens zum Startbereich angereist sind, wie der Vorstartbereich beim Marathon aussah und natürlich wie wir den New York Marathon erlebt haben.
Die ganz spezielle New York Marathon Atmosphäre
Wir waren bereits unglaublich geflasht, bevor es am Sonntag auf die 42,195km ging. Die Atmosphäre in der Stadt hatte für uns etwas Magisches. Überall gab es Hinweise auf den Marathon. Am Time Square auf einer der riesigen, grell beleuchteten Werbetafeln erschien immer wieder eine New Balance Werbung für den Marathon. Es gab einen Wetterbericht für die Marathonläufer*innen im TV. Und überall liefen uns aufgeregte Marathonis über den Weg.
Die Anreise zum Start des New York Marathons
Wir haben bereits berichtet, dass man beim New York Marathon den Weg zum Start im Vorhinein angeben muss. Eine eigene Anreise ist nicht vorgesehen und sicherlich auch schwierig, denn die Brücken nach Staten Island werden vor dem Start von der Polizei abgeriegelt. Wir hatten uns für die Busvariante entschieden, da unser Hotel nur einen Block von der Marathon-Bushaltestelle entfernt lag.
So machten wir uns gegen 5 Uhr Morgens auf den Weg zur Public Library, von wo die Busse Richtung Marathon starteten. Kaum einen Schritt aus dem Hotel gemacht, standen wir inmitten des jungen Partyvolkes der Stadt. In unserer Straße ging es noch heiß her, worauf auch der Sicherheitsmensch vor unserem Hotel hindeutete. Dieser wünschte uns viel Erfolg für den Marathon. Typisch USA. Die Marathonläufer*innen und Sportler*innen im Allgemeinen werden aus unserer Sicht in Amerika viel mehr „gewürdigt“. Während man in Deutschland immer mit der Aussage „das ist doch alles total ungesund“ rechnen muss, sind die Amerikaner*innen von sportlichen Leistungen angetan und lassen das die Sportler*innen auch wissen.
Als wir auf die 5th Avenue abbogen, änderte sich dann die urbane Stimmung. Hier schlief New York tatsächlich noch. Ich weiß nicht wie es Dir geht, aber ich liebe dieses Flair. Eine Großstadt, die normalerweise nur so vor Trubel sprudelt, steht still und sogar die Wolkenkratzer scheinen noch zu schlafen.
Mit den Bussen fuhren übrigens nur Marathonläufer*innen. Denn Zuschauer gibt es beim Start des New York Marathons nicht. Nach 40min Fahrt spukte uns der Bus an einer voll gesperrten, großen Hauptstraße aus. Hier bekamen wir eine Idee von den strengen Sicherheitsvorkehrungen des New York Marathons. Unzählige Polizeimenschen und -fahrzeuge waren hier präsent. Aber obwohl wir keine Freunde von übertrieben abgeriegelten Events und hochgradigen Sicherheitsvorkehrungen sind, haben wir uns nicht unwohl gefühlt. In Deutschland und auch anderen europäischen Ländern haben wir bei hoher Sicherheitspräsenz häufig ein beklemmendes Gefühl. Der Mensch mit der Maschinenpistole, der uns schützen soll, macht uns häufig mehr Angst, als irgendwelche potentiellen Verbrecher. Während unseres gesamten USA-Urlaubs haben wir immer wieder feststellen müssen, dass die Sicherheitspräsenz niemals bedrohlich auf uns wirkte. Im Gegenteil waren Polizist(en)*innen und die Nationalgarde immer extrem freundlich und offen.
Der Vorstartbereich – Ein großes Dorf ohne Zufluchtmöglichkeiten
Es gab drei verschiedene, riesige Vorstartbereiche, in die wir eingeteilt waren. Wir erhielten Bagels, Kaffee und heiße Schokolade von Dunkin Donuts und Energieriegel von Powerbar. Außerdem gab es noch Gels von Gatorade. Am Powerbarstand bekamen wir auch unseren fetten Erdnussbutterriegel, den wir unmittelbar vor dem Start verköstigten. Viele Grüße an dieser Stelle an Niklas und Daniel von Laufen, Liebe, Erdnussbutter (der Riegel war pornös!) ;-)
Als wir uns mit Bagels und Kaffee eingedeckt hatten, waren es noch 4 (!!) Stunden bis zu unserem Start. Leider gab es abgesehen von der guten Verpflegung nichts, womit man sich jetzt noch hätte beschäftigen können. Es gab keine Sitz- und keine Unterstellmöglichkeit. Was waren wir froh, dass es auch in den kommenden 4 Stunden trocken blieb. Völlig durchnässt und erfroren an den Start eines Marathons zu gehen ist eine ganz schöne Horrorvorstellung.
Im Vorfeld musste man sich, wie seit diesem Jahr auch beim Berlin Marathon, entscheiden, ob man seinen Klamottenbeutel für den Zielbereich abgibt, oder ob man darauf verzichtet und stattdessen im Ziel einen Poncho erhält. Wir hatten uns für letztere Variante entschieden. Das bedeutete aber auch, dass wir keine Klamotten tragen konnten, die nicht unsere Laufklamotten waren und die wir nach dem Marathon noch wiedersehen wollten. Im Startbereich gibt es dann Kleiderspendecontainer, in die man seine Klamotten werfen kann.
Auch wenn man dicke, alte Klamotten für vor dem Start dabei hat, bleibt es doch nicht aus, dass einem irgendwann kalt wird. Die Temperaturen bewegten sich zwar in einem mittleren Bereich, der Himmel war aber vollkommen bedeckt und Sonnenstrahlen wagten sich nicht hervor. Wir hatten uns auf dem Asphalt niedergelassen und warteten. Warteten. Warteten.
New York Marathon – das Rennen
Irgendwie gingen die 4 Stunden rum. Kurz vor unserem Start ging es im Fußmarsch zum eigentlichen Startort. Dieser befindet sich nämlich nicht direkt in den Startblöcken. Stattdessen muss man noch einige hundert Meter bis zur Verrazano-Narrows Brücke gehen. Gestartet wird an drei verschiedenen Startpositionen. Wir starteten unmittelbar vor der Brücke, eine zweite Gruppe startete versetzt auf der Brücke und die dritte Gruppe in der unteren Etage der Verrazano-Narrows Bridge. Jede der drei genannten Gruppen läuft auf den ersten Kilometern einen eigenen Weg. Irre! Nach ca. 4 bzw. 5 Kilometern werden die drei Startgruppen dann schließlich zusammengeführt. Durch diese Gruppenaufteilung war es auf den ersten Kilometern auch nicht so voll, wie wir erwartet hätten. Im Vergleich zum Berlin Marathon hatten wir deutlich mehr Platz, es wurde weniger gedrängelt und es war deutlich stressfreier seine Pace zu finden.
Staten Island: Der Start – Typisch Amerikanisch
Bevor der Startschuss ertönte, wurde typisch amerikanisch die US-Hymne von einem Sänger live performt.
Und dann ging es los. Endlich! So lange hatten wir uns auf diesen Lauf gefreut. Die Emotionen hatten uns beide ganz schön im Griff, als wir die ersten Meter über die Verrazano-Narrows Bridge liefen. Wir waren total euphorisiert. Die gigantische Brücke tat ihr übriges. Das war für uns der spektakulärste Start unserer bisherigen Marathonrennen. Und das ohne Zuschauer!
Für die Läufer*innen, die beim New York Marathon eine schnelle Zeit laufen wollen, sei zu beachten: Man sollte auf dem ersten Kilometer nicht gleich seine Marathonpace laufen. Denn es geht deutlich aufwärts und man macht die verlorenen Sekunden auf dem zweiten Teil der Brücke, wo es dann deutlich abwärts geht, wieder gut.
New York Marathon – Von Staten Island nach Brooklyn
Die ersten Kilometer vergingen wie im Flug. Über die Verrazano-Narrows Bridge ging es nach Brooklyn. Hier waren viele Zuschauer an die Strecke gekommen. Der Lärm war atemberaubend. Viele Schilder mit teilweise sehr lustigen Botschaften wurden hochgehalten und wir mussten das ein ums andere Mal schmunzeln. Einige Botschaften waren auch politischer Art. Eine meiner Favorites war: „You are running better than our government“.
Brooklyn hatte sein ganz eigenes, romantisches Flair. Recherchen nach dem Marathon bestätigten meinen Eindruck einer multikulturellen Bevölkerung dieses New Yorker Stadtteils. Es war bunt in Brooklyn und das hat uns sehr gut gefallen. Immer wieder standen hier Cops auf der Mittelinsel der Laufstrecke. Und immer wieder hielten Läufer*innen an, um ein Selfie mit einem solchen Cop zu machen. Wie geil war das, bitte?!
Während in Staten Island nur der Start stattgefunden hatte, lief man eine recht lange Distanz in Brooklyn. Nach ca. 17 Kilometern durchliefen wir Williamsburg. Williamsburg ist ein Stadtteil von Brooklyn, der sich vom Arbeiter- zum Hipsterviertel entwickelt hat. Wer amerikanische Sitcoms mag, kennt Williamsburg von der Fernsehserie „Two Broke Girls“. Und auch hier spürten wir den Zeitgeist des Stadtviertels. Viele junge Menschen standen an der Strecke und gefühlt war hier die Dichte an kreativen Schildern am größten. Hier hab ich es dann auch mal geschafft, eines der Schilder zu fotografieren.
New York Marathon – Von Brooklyn nach Queens
Wir saugten immer noch die Atmosphäre dieses besonderen Marathons auf. Die Begeisterung der Menschen an der Strecke war fantastisch und das konnte man einfach nur genießen. Nach ca. der Halbmarathondistanz überquerten wir Brücke Nummer 2 (von 5). Im Vergleich zur Verrazano-Narrows Bridge und der Brücke, die folgen sollte, war die Pulaski Bridge ein Kinderspiel. Die Queensboro Bridge (Brücke Nr. 3) war dann ein ganz schöner Knüppel. Die Beine waren jetzt nicht mehr so frisch und da tat der lange Anstieg doch schon weh. Wir kämpften uns aber in gemütlichem Tempo die Brücke hoch. Und dann kam die SMS meiner Tante: „Take the turn wide“. Eigentlich hatte sie uns vorher geschrieben, dass sie es nicht zu Meile 16 schaffen würde, da es dort einfach zu überfüllt am Streckenrand war. Aber mit dieser SMS hofften wir, sie vielleicht doch dort zu sehen. Denn am Ende der Brücke machte die Straße einen starken Knick und führte praktisch in die entgegengesetzte Richtung. Hier liefen die Läufer*innen natürlich alle den kurzen Weg, innen. Wir nahmen den Bogen und starrten in die Zuschauermassen. Es war wirklich unglaublich voll, im Nachhinein können wir sagen, dass bei Meile 16 der größte Hotspot des Marathons war. Und da sah ich Petra und Jay in einer riesigen Menschentraube. Die Freude war nicht in Worte zu fassen. Ich denke unser Selfie mit den Beiden spiegelt den Moment sehr schön wieder.
Das gab uns natürlich noch mal einen Push. Ich muss sagen, die Queensboro Bridge hatte mir ganz schön zugesetzt und der Moment mit meinen Verwandten war da aus mentaler Sicht eine wahre Wohltat. Trotzdem hatte ich immer noch Probleme mit meinem Bauch. Schon auf den ersten Kilometern ging es mir nicht besonders gut in der Magengegend. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass wir so eine lange Wartezeit vor dem Start hatten und ich mich irgendwann automatisch verkrümmte, weil mir kalt war. Vielleicht lag es auch an der Ernährung vor dem Start, die ausgiebiger ausfiel, als gewöhnlich. Fakt war, dass es unangenehm in der Bauchgegend drückte. So feierte ich eine Premiere: Zum ersten Mal stoppte ich für eine Dixiepause bei einem Marathon. Leider besserten sich die Bauchschmerzen danach nicht.
New York Marathon – Von Queens über die Bronx nach Manhattan
Bei Kilometer 32 kam Brücke Nummer 4. Ich sagte zu Carsten: „Die Brücke ist ja megaentspannt im Vergleich zur vorherigen“. Leider ging es Carsten zu diesem Zeitpunkt gar nicht gut und nur wenige Meter später ging er vom Laufen ins Gehen über. Wir wollten diesen besonderen Lauf zusammen finishen, also blieb ich an seiner Seite. So ging es dann noch 3 Kilometer weiter. Mir tat der Wechsel aus Gehen und Laufen nicht gut und Carsten hatte sehr mit sich zu tun, so dass wir entschieden, dass ich erstmal vorlaufen würde und dann im Central Park bei Meile 25, wo Petra und Jay standen, auf ihn wartete.
Ich lief also alleine weiter. Keine Ahnung wie weit und wie lange. Aber es fühlte sich nicht richtig an. Ich wollte diesen Lauf nicht für mich laufen. Das war etwas, das wir gemeinsam machen wollten. Also entschied ich bereits vor Meile 25 auf Carsten zu warten. Ich ging ins Schritttempo über und schaute mich immer wieder um, um Carsten nicht zu verpassen. Die Zuschauermassen waren jetzt wieder phänomenal. Ich war bereits im Central Park angekommen und hier tobten die Massen. Das war grandios. Nach einem gefühlt endlosen Spaziergang sah ich endlich Carsten herbeilaufen. Wir freuten uns beide, dass wir uns wiedergefunden hatten. Also trabten wir wieder Seite an Seite durch den Central Park. Und dann standen auch schon Petra und Jay am Seitenrand. Diesmal ohne Zuschauermassen direkt vor sich, so dass wir sie nun auch endlich umarmen konnten.
Die letzten zwei Kilometer waren dann nur noch wie in Trance. Es war mittlerweile sehr verregnet, richtig trübes Herbstwetter. Aber das hatte nicht viele Menschen abgehalten, an die Strecke im Central Park zu kommen. Wir genossen die letzten Meter. Leider ist mein Video der letzten Meter doch arg verwackelt, so dass ich die Stimmung nicht richtig einfangen konnte. Hand in Hand liefen wir über die Ziellinie. Was für ein fantastischer Marathon!
Der Post-Race Bereich
Wie es bei großen Marathons häufig der Fall ist, war die zu bewältigende Distanz NACH dem Marathon nicht zu verachten. Es war auch unglaublich voll um uns herum. So ging es nur im Stautempo für uns in Richtung Ponchoausgabe. Aber das ist zu verkraften, bei all den Glückshormonen, die man nach dem Finish dieses Marathons im Blut hat. Als wir endlich unseren Poncho bekommen hatten, mussten wir die Central Park West Straße auch noch ein ganzes Stück runterlaufen, um zur Family Reunion Area zu gelangen. Dort trafen wir Petra und Jay, die sicherlich schon einige Zeit auf uns gewartet hatten.
Ein Tipp für alle zukünftigen New York Marathonis: Wenn Du planst, nach dem Marathon mit der U-Bahn in Richtung Hotel zu fahren, kaufe Dir das entsprechende Ticket dafür vorher. Es gibt nicht viele Ticketautomaten an den U-Bahnstationen rund um den Central Park. Außerdem fuktionieren internationale Kreditkarten nicht immer an den Automaten. So mussten wir an der überfüllten U-Bahn noch unnötig lange am Automaten anstehen. Etwas, das man nach den Strapazen eines Marathons lieber vermeiden möchte. Ansonsten könnte auch ein Taxi die bessere Variante sein. Wir haben auch in der U-Bahn länger auf unsere Bahn warten müssen und im Nachhinein wäre ein Taxi deutlicher angenehmer und schneller gewesen.
New York Marathon: Resümeé
Ich hoffe ich konnte Dir einen Eindruck vermitteln, was für ein besonderer Marathon der New York City Marathon ist. Wir haben es zu keiner Sekunde bereut, die Kosten für diesen Trip auf uns genommen zu haben. Am Ende muss allerdings jeder für sich selbst entscheiden, ob ihm/ihr der finanzielle und organisatorische Aufwand die Sache wert ist. Für uns ist klar: Wir kommen wieder! Spätestens 2038!
Super Bericht, Danke. Ihr habt das Flair richtig schön beschrieben. Glückwunsch zum erfolgreichen Finish! Die 4 Stunden Warten vorher wären aber gar nichts für Frauchen, da eist sie ein. Deswegen bleibt der N-Y-Marathon für uns wohl weiter ein TV-Event, und wir starten bei kleineren Läufen mit Wartezeiten von 10 Minuten ;-)
Vielen Dank für Euren Bericht: ich war 2011 dabei und gerade hat es sich angefühlt, als wäre ich wieder dort gewesen… :)