Marathon Trainingsplan – Die Quadratur des Kreises für den New York Marathon
In den letzten Tagen und Wochen konntest du schon viel über unsere letztes großes Lauf-Highlight des Jahres lesen. Der New York Marathon war für uns etwas ganz besonderes. Besonders war auch die Vorbereitung darauf. Genau darüber möchte ich dir heute noch ein wenig mehr erzählen. Ich werde dir zeigen, wie ich den individuellen Marathon Trainingsplan für Hannah geplant habe, wie wichtig das richtige Körpergefühl für die Trainingssteuerung ist und welchen Einfluss die mentale Stärke hat.
Die Vorbereitung für New York begann eigentlich Anfang März auf Fuerteventura. Also 8 Monate vor dem Start. Anfang März war klar, dass Hannah dabei sein wird und sie ihren Startplatz sicher hat. Damals war das Jahr bereits gut durchstrukturiert. Im Mai war der Rennsteiglauf geplant, darum weilten wir damals auf Fuerteventura im Trainingslager, und im August sollte ein weiterer Ultra in der Staffel beim Berliner Mauerweglauf dazu kommen. Danach sollte das Jahr nur noch locker ausklingen.
Periodisierung im Marathon Trainingsplan – Ein Kreis bleibt ein Kreis, auch wenn du ein Quadrat brauchst
Bereits bei der Jahresplanung hatte ich festgelegt, dass die zweite Jahreshälfte eher ruhig werden sollte, denn zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass es schwierig werden würde zwischen Mai und August ohne Substanzverlust zu trainieren und verletzungsfrei durch die zweite Hälfte der ersten Jahreshälfte zu kommen.
Für New York hieß es jetzt umplanen. Bis Mai war der Trainingsplan eigentlich ganz klassisch periodisiert. 3 Wochen Training, 1 Woche Erholung… 12 Wochen Grundlagentraining, 8 Wochen Aufbautraining. Zwischen Rennsteiglauf und Mauerweglauf wurde es schon etwas verzwickter. 10 Wochen reichen nicht für einen kompletten Zyklus. Zumal von den 10 Wochen noch ca. 4 Wochen Erholung und 2 Wochen Tapering abzuziehen sind. Doch dazu später mehr.
Zwischen Mauerweglauf und New York Marathon lagen wiederum 12 Wochen. Eigentlich eine ausreichende Zeit für einen trainierten Körper für den Marathon fit zu werden. Doch die Sache hatte einen Haken. Da es für Hannah das erste Ultra-Jahr war, hatte ich für sie keine Erfahrungswerte auf die ich zurückgreifen konnte um abzuschätzen, wie viel Erholung Hannahs Körper nach 2 Ultra-Marathons braucht und wie sie das mental belastet. Ich konnte mich also nur vorsichtig herantasten. Ich ging in meiner ersten Planung von 2 Wochen Erholung nach dem Mauerweglauf aus. Darauf aufbauend plante ich danach 2 weitere Wochen Übergangsphase. Die verbleibenden acht Wochen teilte ich in zwei mal je zwei Wochen Belastung plus eine Woche Erholung ein und weitere ca. zwei Wochen Tapering.
Für die Statistik-Fans unter euch noch einige Bilder zu den Jahreskilometern.
Das eigene Körpergefühl als Steuergröße für den Marathon Trainingsplan
Die Wochen vor dem Mauerweglauf zeigten bereits, dass Hannahs Körper sehr sensibel auf bestimmte Reize reagiert. Und so kam es, wie es kommen musste. Der Mauerweglauf wurde nicht gerade ein Selbstläufer und ein hartes Stück Arbeit. Die Auswirkungen auf die mentale Stärke und die körperliche Leistungsfähigkeit waren danach völlig unklar und trainingstechnisch kaum kalkulierbar.
Hannah fing ca. eine Woche nach dem Mauerweglauf wieder mit lockerem Training an. Schnell wurde jedoch klar, dass Läufe jenseits der 30 km in weiter Ferne sind. Die Muskeln waren müde. Der Körper ausgelaugt. Vier Wochen nach dem 59 km langen Teilstück beim Mauerweglauf lag Hannahs Wochenlaufleistung bei 40 km. Ich entschied mich von konkreten Kilometervorgaben abzurücken und suchte nach einem anderen Weg für meine Athletin. Kurzerhand strich ich alle Kilometervorgaben aus dem Trainingsplan. Sie sollte daher nur noch so viel laufen, wie ihr Körpergefühl zulässt. Einzige Vorgabe war, dass ein Lauf pro Woche länger ist als alle anderen.
Jetzt brauchte Sie nur noch das Vertrauen, dass 40 km in der Woche als Marathontraining reichen, wenn Sie bereits ca. 2000 km Training in den Beinen hat.
Mentale Stärke durch Marathon laufen
Anfang September suchte unsere Lauf-Community Pacemaker für den Berlin-Marathon. Dieses Jahr wollten wir aus verschiedenen Gründen eigentlich nicht starten. Aus trainingstaktischer Sicht war der Zeitpunkt denkbar ungünstig, aber es gab einen Grund, der für eine Teilnahme sprach, Hannahs Kopf. Hannah ist eine Athletin, ähnlich wie Daniela Ryf, die aus einem Rennen nicht mental ausgelaugt hervor geht, sondern extrem gestärkt. Ich habe bisher nur wenige Sportler*innen getroffen, die unmittelbar nach der Ziellinie eines Saison-Highlights mental nach mehr schreien. Hannah zieht einfach unfassbar viel mentale Energie aus jedem Laufwettkampf.
Gewagt war es trotzdem und zur Nachahmung würde ich es auch nicht empfehlen. Denn körperlich ist der Marathon natürlich immer eine Strapaze. Egal, wie gut er mental verkraftet wird.
Fazit – die Quadratur des Kreises kann gelingen
Wie ihr ja bereits wisst, hat es funktioniert. Wir haben den New York Marathon erfolgreich gefinsht. Neben dem individuellen Trainingsplan waren Hannahs Vertrauen auf ihr Körpergefühl und mein Wissen um ihre mentale Stärke wesentliche Faktoren für den erfolgreichen Jahresabschluss.
Dank einer intelligenten Trainingssteuerung ist es mir gelungen Hannahs Körper nicht zu überstrapazieren und trotzdem dafür zu sorgen, dass der Körper auch im September und November, nach einer langen Saison, noch gut zwei weitere Marathons verkraftet hat.
Noch einmal deutlich wurde, wie wichtig mentale Stärke ist und wie wichtig das Vertrauensverhältnis zwischen Trainer*in und Athleten*in ist. Die individuelle Anpassung des Planes an die Bedürfnisse der Athletin haben hier entscheidend zum Erfolg beigetragen.
Gemeinsam haben wir, Trainer und Athletin, es geschafft, die Saisonziele zu erreichen. Ohne regelmäßiges gegenseitiges Feedback und entsprechende Trainingsplananpassungen, wäre dies nicht möglich gewesen.
Wie sieht es bei dir aus? Tauscht du dich regelmäßig mit deinem Trainer aus? Wenn du keinen Trainer hast, hörst du regelmäßig in dich hinein und passt dein Training deinem Körpergefühl an? Brauchst du nach deinen Saisonhöhepunkten einige Wochen Pause um auch mental zu regenerieren, oder jagt bei dir ein Highlight das nächste?
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